NSG-Entstehung

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Beschreibung der bisherigen Nutzung der Flächen

Der nördliche Hauptteil des späteren Naturschutzgebietes ist in seiner früheren Nutzungsart, bis in die Mitte der 70er Jahre, als Grasland, Mähwiesen und Streuobstwiesen bekannt. Eine Beweidung einiger Flächen erfolgte früher, bis zum Ende der 70er Jahre, fast ausschließlich extensiv im Winter (November bis Februar) durch Wanderschäferei. Nur von zwei Grundstücken ist die frühere Nutzung als Kuhweide sicher belegt. Ansonsten wurden die Wiesen durch ein- und zweischürige Mahd zur Gewinnung von Heu als Viehfutter für die Wintermonate genutzt.

Ein Teil der Flächen, darunter leider auch nach Südosten gelegene und botanisch interessante Flächen, wurden seit Anfang der 70er Jahre durch Gatterhaltung von Damwild und später (ab Ende der 70er Jahre) zunehmend durch Koppelhaltung von Schafen beeinträchtigt. Mit dem Aufkommen der permanenten Schafhaltung zog sich der Wanderschäfer allmählich aus dem Gebiet zurück. Die Gatterhaltung von Damwild wurde bis zur Mitte der 90er Jahre aufgegeben. Hierzu errichtete großräumige, stabile Gatterungen drängten das Wild, insbesondere das Schwarzwild, auf verbleibende freie Flächen ab. Es kam dort bei deren Nahrungsaufnahme konzentriert zu Schäden an dem Pflanzenbewuchs. Vereinzelte Flächen wurden im Laufe der Zeit der Beweidung mit Pferden zugeführt.

Generell, also unabhängig von diesem NSG, hat zu dieser Entwicklung einer zunehmenden Beweidung die Möglichkeit einer Subventionierung seitens der öffentlichen Hand beigetragen. Diese Unterstützung dient der finanziellen Absicherung von haupt- und nebenberuflicher Weidewirtschaft. Ein Ziel dieser Unterstützung von Weidewirtschaft war und ist es, brach liegende Flächen einer Nutzung und Pflege zuzuführen sowie eine Verbuschung zu verhindern. Dieses Ziel betrifft Flächen innerhalb und außerhalb von Naturschutzgebieten. Es gibt beispielsweise Zuschüsse für die Beweidung pro Flächeneinheit und Gelder für jedes Mutterschaf (Letzteres zumindest bis 2005). Je mehr Flächen und je mehr (Mutter-) Schafe, umso mehr Subventionen sind (waren) erzielbar. Hinzu kommen Verkaufserlöse für Wolle und Fleisch, die allerdings eher gering sind. Entsprechend steigt die wirtschaftliche Attraktivität. Gleichzeitig erhöht sich damit aber zwangsläufig die Intensität der Beweidung. Entsprechende nachteilige Auswirkungen auf Artenreichtum bei Fauna und Flora und auf den Biotopcharakter können die Folge sein.

Neben der bereits erwähnten Pflanzenvielfalt ist das Gebiet noch reich an Insekten und ähnlichen Kleintieren, Klein-Wirbeltieren, Singvögeln und weiteren Tierarten. Auch diese Bestände waren eher rückgängig, da infolge ständiger (und zunehmender) intensiver Beweidung Nahrungspflanzen (Blütenpflanzen) für Insekten nicht mehr zur vollen Entwicklung kamen - die Nahrungskette war gestört.

Die vorhandenen Streuobstbestände werden zum Teil noch beerntet, allerdings mit rückläufiger Tendenz. Das zu niedrige Preisniveau für das Erntegut aus diesen Beständen führt zu Desinteresse bei den Eigentümern. Der Streuobstbestand besteht fast ausschließlich aus Hochstämmen, die fast durchgehend Überalterungserscheinungen und ein großes Potential für Pflegemaßnahmen aufzeigen.

 

Erste Schutzmaßnahmen in privater Initiative

In privater Initiative konnten Grundstückseigentümer für den Artenschutz gewonnen werden. In den 70er Jahren wurden in dem Gebiet die botanisch wertvollsten Flächen, ca. 2,5 Hektar, von Dipl.-Ing. Manfred Marmé der zunehmenden, intensiven Beweidung entzogen und später angepachtet. Ziel war es, in dem Gebiet Bestände schützenswerter Pflanzen auf verstreuten Parzellen zu erhalten. Von diesen Parzellen sollten sich Pflanzenarten (wieder) auf Nachbargrundstücke ausbreiten können. Zudem sollte ein positiver Effekt auf die Vielfalt an Insekten, Kleintieren und Vögeln entstehen. Nicht zugänglich waren zu dieser Zeit die Flächen im Bereich des Damwild-Geheges.

Bereits vorher konnte ab Ende der 70er Jahre mit dem dort tätigen, hauptberuflichen Wanderschäfer Einvernehmen über das Nichtbeweiden bestimmter Flächen oder den Zeitpunkt einer Beweidung erzielt werden. Erste Gestattungsverträge zur Nutzung datieren von 1982. Sie wurden Anfang der 90er Jahre in Pachtverträge umgewandelt. Diese Pachtverträge bestanden bis 2003, teilweise bis 2004.

Von den ca. 2,5 ha (etwas mehr als 7% der Fläche des heutigen NSG) wurden ca. zwei Hektar erfolgreich als Mähwiesen im Hinblick auf die Bestandserhaltung gepflegt. Der Zeitpunkt der Mahd erfolgte unter Berücksichtigung der Samenreife der schutzwürdigen Pflanzen. Die Pflege in Form von Mahd erfolgte in Zusammenarbeit mit den zuständigen Landespflegebehörden, die auch die notwendigen finanziellen Mittel bereit stellten. Diese Pflegemaßnahmen sind seit Mitte der 80er Jahre bis 2002/2003 belegt. Aufgrund dieser Schutz- und Pflegemaßnahmen, die annähernd der früheren Nutzung als Heuwiesen entspricht, konnten sich die Bestände positiv entwickeln.

Die von privat angepachteten Flächen wurden teilweise eingezäunt. Schutzvorrichtungen gegen ungeeignete Nutzung von ökologisch wichtigen Flächen sind weitmaschige Zäune, die vom im Gebiet wechselndem Rot- und Rehwild leicht übersprungen werden können. Sie sind zudem durchlässig für Hase, Fuchs und ähnlich große Tiere. Schwarzwild, Schafe und Ziegen werden hingegen von den Grundstücken fern gehalten. Um Verletzungen von Tieren vorzubeugen, wurde hierbei kein Stacheldraht verwendet.

 

Die Anpachtung von Grundstücken zum Schutz der Bestände seltener Pflanzen erwies sich als nur bedingt durchsetzbar und erfolgreich. An dieser Stelle soll hierzu nur ein Beispiel von vielen möglichen angeführt werden. In einem Aktenvermerk von Manfred Marmé vom 30. April 1997 heißt es: “Am vorgenannten Tag wurden alle von mir angepachteten Flächen in Flur 5 im Rahmen meiner landespflegerischen Tätigkeit abgegangen. ... Betreffend der Flächen mit den Flurstücksnummern ... war festzustellen, daß diese Flächen, mit Ausnahme der eingezäunten Flächenteile, vergleichsweise einen wesentlich kürzeren Aufwuchs tragen. Beim Abgehen der Flächen und Kontrolle stellten meine Frau und ich fest, daß auf diesen Flächen frischer Schafkot herumlag. Im Klartext heißt dies, die zwecks botanischem Artenschutz angepachteten Wiesen sind ohne Kenntnis, geschweige denn Einverständnis von mir als Pächter dieser Flächen, zur Beweidung genutzt worden.”

 

Forderungen zur Erhaltung und Unterschutzstellung

 

Am 03. April 1984 erschien im Neuwieder Teil der Rheinzeitung ein Artikel:

Bims statt Birnen?

Altwieder Bürger fürchten um ihr Obstgartengebiet

-psf- Ein Gerücht geht um in Altwied: “Die Hardt”, der schöne, mit mächtigen Obstbäumen bestandene Naturpark, soll zum Bimsabbau freigegeben werden. ... Das jedenfalls befürchten aufgeschreckte Altwieder Bürger, ... Prophylaktisch werden jetzt schon Unterschriften gesammelt, die sich gegen mögliche Bimsabbau-Pläne richten. ...”

 

Einige Monate später, am 30. November 1984 erschien im Neuwieder Teil der Rheinzeitung der Artikel:

Obstbaumgebiet soll unter Schutz stehen

SPD: Verlust einer artenreichen Lebensgemeinschaft droht

Das Obstbaumgebiet “Auf der Hardt” im Stadtteil Altwied stand im Mittelpunkt eines Besuches des Arbeitskreises Umwelt der Neuwieder SPD-Stadtratsfraktion. Die SPD-Mitglieder waren beeindruckt von den verschiedenen Orchideenarten und Wiesenschlüsselblumen, die hier noch zu finden sind. Arbeitskreisvorsitzender Jürgen Moritz forderte die zuständigen Stellen auf, das Obstwiesengebiet unter Schutz zu stellen. ...”

 

Jahre später erschien am 16. Juli 1996 im Neuwieder Teil der Rheinzeitung:

Seit rund 15 Jahren um Schutz bemüht

Liberale wollen seltene Pflanzen bewahren

ALTWIED/SEGENDORF. FOE Die ersten Anträge, die Streuobstwiesen “Auf der Hardt” zu schützen, wurden schon vor rund 15 Jahren gestellt. Seit 1988 bemüht sich auch der FDP-Stadtverband darum. ...”

 

Das Gebiet wurde 1997 als Naturschutzgebiet etabliert. Der formale Ablauf der Ausweisung ist auf der nachfolgenden Seite tabellarisch zusammengefasst.

 

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